.

Von den Anfängen unserer Gemeinde

Friedersdorf war und ist keine selbständige Kirchengemeinde, sondern ist Teil der Gemeinde Pulsnitz mit eigener Predigtstätte. in den 40-er Jahren des vorigen Jahhunderts fand zweimal jährlich ein Gottesdienst statt, später einmal im Monat, zu dem einer der Pulsnitzer Pfarrer nach Friedersdorf kam, viele Jahre war es Pfarrer Müller, der im Gasthaus „Bergkeller" den Gottesdienst hielt und predigte. Der Saal des „Bergkeller" wurde zum Gottesdienstraum, und nebenan in der Gaststube wurde ausgeschenkt.

Bienerts Gasthof

Zu Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen mussten die Leute nach Pulsnitz. Auch zu Weihnachten gab es im Dorf keinen Gottesdienst. Die erste Christervesper am Heiligabend fand erst 1966 statt, nachdem der Bethlehemraum eingeweiht worden war. So war zur Gründungszeit der Gemeinschaft, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, kaum eigenes kirchliches Leben im Dorf, so wie es in vielen Dörfern war, die keine eigene Kirche hatten. Vielleicht fiel auch deshalb das neue Angebot der Bibelstunden auf guten Boden.

Der Anfang: Karl Huhle 1888
Von den ersten Jahren der Gemeinschaft in Friedersdorf ist nicht viel überliefert, und Zeitzeugen leben nicht mehr. Aber es gibt zwei Berichte von Gemeinschaftsleiter Paul Reppe, die er 1958 und 1963, zu den Jubiläumsfeiern anlässlich des 70-jährigen und des 75-jährigen Bestehens, verfasst hat. Gründer der Gemeinschaftsarbeit in Friedersdorf war der Seifensieder Karl Huhle. Er kamaus dem Bauerngut Huhle im Niederdorf und wohnte dort im Auszugshaus. Es heißt, dass er dort schon oft Leute bei sich hatte, mit denen er vom Werke Gottes sprach. Schon dort, also vor 1888, sollen Zusammenkünfte stattgefunden haben. 1887 verzog Karl Huhle nach Mittelbach, kam aber 1888 zurück und kaufte das Haus, das später den Geschwistern Haufe und danach Dittrich gehörte.

Haus Karl Huhle

Hier, im Haus von Karl Huhle, fanden ab 1888 die ersten Zusammenkünfte statt.

"Heute ist bei uns Versammlung, ihr könnt auch kommen!"

Hier begann er bald, regelmäßig Bibelstunden abzuhalten. So gilt 1888, das Jahr, in dem auch der Gnadauer Verband mit der 1. Gnadauer Pfingstkonferenz gegründet wurde, als Gründungsjahr der Landeskirchlichen Gemeinschaft Friedersdorf. Mit seinem blaugestreiften Seifensack, über Hals und Schulter hängend, zog Karl Huhle hausierend durchs Dorf und durch die umliegenden Orte, kam in viele Häuser und sah dabei seine Aufgabe darin, schlicht, aber eindrücklich, von seinem Glauben an Jesus Zeugnis abzulegen. Allen Menschen, denen er begegnete, wollte er das Wort Gottes nahebringen. Mit Worten wie „Heute ist bei uns Versammlung, ihr könnt auch kommen", lud er die Leute ein, die Bibelstunden in seinem Haus zu besuchen. So folgten viele seiner freundlichen Einladung, und seine Stube, die damals noch keine Trennwand hatte, war oft bis auf den letzten Platz gefüllt. An die 30 Besucher sollen es gewesen sein. So wuchs der Kreis, der sich bei ihm sammelte, nach innen und außen.

"Der Teufel rumorte"
Aber auch der Teufel rumorte, so wird berichtet: Menschen schlichen ums Haus und pochten gehörig an die Fenster oder warfen sogar mit Steinen danach. Gott aber segnete die Versammlungen sichtlich, schreibt Paul Reppe. Die Leute, die zu den Versammlungen kamen, ließen sich nicht beirren. Ein Wort, das man von Huhle Karl immer wieder hörte, war: „Es ist alles Gnade, nur Gnade". Sehr dankbar wird immer wieder an den Initiator erinnert.
Nach einer Reihe von Jahren, wie viele ist nicht genau bekannt, ging Karl Huhle mit seiner Frau, wohl angeregt durch seinen Sohn Paul, zur Freien Gemeinde über, die sich nun bei ihm versammelte. So musste die Gemeinschaft Platz machen. Sie wanderte ins Auszugshaus des Bauern Bruno Weitzmann, später lebte hier Alfred Thieme, und war bei Schwester Anna Weitzmann zu Gast. Hier fanden einige Zeit die Bibelstunden statt, wird berichtet. Doch als sie heiratete und als Anna Gräfe nach Oberlichtenau
zog, musste wieder gewandert werden. Diesmal ging es in die Schule. Reiseprediger der Gemeinschaft, auch Lehrer Liebach, verkündeten hier das Evangelium, und „Gott segnete die Versammlungen reichlich", heißt es im Bericht zum 7o-jährigen Bestehen der Gemeinschaft.

Ausgangspunkt für viele Gemeinschaften
Die ersten Prediger holte man sich aus Dresden. Regelmäßig kam später die Bruder Hermann Riedel, er war Färbermeister, stammte aus Werdau und begann 1895 seinen Dienst in Ostsachsen. Ab 1901 kam Hermann Kretzschmar, der aus Leubsdorf im Erzgebirge stammte. Sein Dienstbereich ging von Zittau bis Pirna. Auch Bernhard Kühlwein (1856 - 1930) predigte öfters in Friedersdorf. 1893 schickt Rektor Christian Dietrich (1844 - 1919) vom „Komitee für Evangelische Gemeinschaftspflege" in Stuttgart ihn als Bibelkolporteur zur Verbreitung christlicher Schriften und Betreuung von Gemeinden und zu Lesern der Zeitschrift „Philadelphia" (Bruderliebe) nach Sachsen. Er war in vielen Orten unterwegs und hier zum Bahnbrecher der Gnadauer Gemeinschaftsbewegung geworden. Bernhard Kühlwein gilt als als der erste Bibel-Kolporteur Sachsens und Vater aller Prediger des sächsischen Verbandes. Stets hatte er eine dicke Büchertasche mit christlichen Schriften bei sich. Überall war er bemüht, Mitarbeiter zu gewinnen, die neben ihrem Beruf Zeugnis aus ihren Glaubenserfahrungen ablegen konnten. Gottes Wort und Gottes Gemeinde nahmen zu, und Friedersdorf wurde zum Ausgangspunkt vieler Gemeinschaften in der Umgebung.
Die ersten Evangelisten, die man dann nach Friedersdorf einlud, waren Mirtschin, „der ganz eindrücklich das Wort Gottes verkündigte". Er ist später, 1930, beim Landesverband Sachsen in den Evangelisationsdienst getreten. Auch in Oberlichtenau und Königsbrück verkündigte er die Frohe Botschaft. Ein weiterer bekannter Mann, der auch in Friedersdorf evangelisierte, war Pfarrer Gustav Zeißig (1867 - 1929) aus Dresden.
Er war neben seinem Pfarrdienst zu Gemeinschaftsstunden und Evangelisationen unterwegs. Er predigte „ganz feurig, in freundlicher Weise verstand er es, die ganze Versammlung zu fesseln, indem er auch neben geheiligter Predigt heitere Anekdoten aus seiner Kindheit erzählte, zum Beispiel wo er beim Baumklettern sich ganz und gar die Hose zerriss und vieles mehr." Pfarrer Zeißig hatte die Landeskirchliche Gemeinschaft
in Dresden mit ins Leben gerufen. Das Gnadauer Gemeinschaftsblatt berichtet: „Durch das frische, lebendige und volkstümliche Zeugnis von seinem gekreuzigten und auferstandenen Herrn und Heiland Jesus Christus, mit dem er sehr oft im Lande hin und her auf Evangelisationen und Konferenzen gedient hat, sind viele gesegnet worden."
Ein ungewöhnlicher Evangelist war Missionar Bey. Nachdem er lange Jahre in Indien, Borneo und Sumatra gewirkt hatte, evangelisierte er gewaltig in den Gasthäusern hier und in den umliegenden Orten, wird  berichtet. Dazu legte er seine indische Tracht an und wickelte einen weißen Turban geschickt um den Kopf. Das Gewand und das lange schmale Tuch über die Schultern waren seine „Kirchenglokken", wie er meinte, die die Leute neugierig machten und dazu brachten, ihm zuzuhören.
Auch in Friedersdorf hat er Menschen zum Glauben geholfen. Weitere Namen aus den Anfangsjahren:
Missionar Fabricius aus Kleinwelka, Br. Salewski, Br. Rockstroh. Herrmann Kretschmar aus dem Erzgebirge kam 1901 nach Großschönau. Sein Dienstbereich ging von Zittau bis Pirna. Genannt werden auch die Brüder Zimmermann, Berger, Nußpickel, Eckhard, Sauder, Lehnert mit seiner Gitarre, Petzold, Schneider, Päschel sowie die Schwestern Else, Hanna, Hildegard, Maria.

(aus der Chronik)